Nachprüfungsverfahren Berufsunfähigkeitsversicherung: 5 Fragen und Antworten zum Thema

Eine Leistungsüberprüfung bei der Berufsunfähigkeitsversicherung kann dann anstehen, wenn die Versicherung davon ausgeht, dass sich die eingetretene Berufsunfähigkeit gebessert haben könnte.

Nachprüfungsverfahren Berufsunfähigkeitsversicherung

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Das Nachprüfungsverfahren stellt für die Versicherung eine Möglichkeit dar, die einmal bewilligte Leistung einer Berufsunfähigkeitsversicherung wieder einzustellen, wenn das Anerkenntnis unbefristet war.

Doch was bedeutet Leistungsüberprüfung oder Nachprüfungsverfahren eigentlich? Und was prüft die Versicherung dabei?

Matthias Neeb ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und informiert in diesem Beitrag, wann die BU-Versicherungen Nachprüfungsverfahren durchführen und was dabei geprüft wird.

Inhalt:

1. Was prüft Versicherung bei Berufsunfähigkeit?

Bei der ersten Prüfung der Berufsunfähigkeit prüft die Versicherung, ob man als Versicherter noch zu mindestens 50% in seinem zuletzt ausgeübten Beruf arbeiten kann. Dabei prüft die Versicherung auch, ob der Versicherte z.B. die vorvertraglichen Anzeigepflichten erfüllt hat, die Gesundheitsfragen vor Abschluss der Versicherung, ordnungsgemäß und vor allem wahrheitsgemäß beantwortet hat.

Gerade bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflichten weigern sich die Versicherungen oft, eine BU-Rente auszuzahlen und haben die Möglichkeit, je nach Schwere der Pflichtverletzung, vom Vertrag zurückzutreten, diesen zu kündigen oder anzufechten. 

Prüfung einer Verweisungstätigkeit

Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen können die Möglichkeit der Verweisung auf eine andere berufliche Tätigkeit enthalten. Die Versicherung wird überprüfen, ob man mit der eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigung und der Ausbildung des Versicherten eine andere berufliche Tätigkeit noch ausüben kann, auf die konkret durch die Versicherung verwiesen werden kann. Dabei muss diese Tätigkeit den konkreten Erfahrungen und der Lebensstellung entsprechen.

Der Versicherte trägt dafür die Beweislast, dass er entsprechend den Versicherungsbedingungen auch tatsächlich berufsunfähig ist. Er muss dafür alle erforderlichen Unterlagen beibringen.

Hier ist zu unterscheiden zwischen der sogenannten abstrakten Verweisung (das findet sich meist nur noch in älteren Verträgen) und der konkreten Verweisung.

2. Wie wird Berufsunfähigkeit geprüft?

Die Berufsunfähigkeit wird anhand der eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigung durch z.B. eine Krankheit, einen Unfall oder einen nicht altersentsprechenden Kräfteverfall und der konkret ausgeübten Tätigkeit beurteilt. Ist man nicht mehr in der Lage, min. 50% in seinem zuletzt ausgeübten Beruf arbeiten zu können, zahlt die BU-Versicherung eine BU-Rente, wenn dies in den Versicherungsbedingungen so vereinbart worden ist.

Hierzu muss der Versicherte im Leistungsfall zumeist einen versicherungseigenen Fragebogen zu der eingetretenen Berufsunfähigkeit ausfüllen und die relevanten medizinischen Unterlagen dem Antrag auf die BU-Leistung beifügen. Die Versicherung wird diese Unterlagen prüfen und eventuell auch weitere Unterlagen bei Ärzten, Krankenhäusern oder der Krankenkasse anfordern.

In einem nächsten Schritt wird die Versicherung häufig einen Gutachter beauftragen, um die Berufsunfähigkeit aus medizinischer Sicht zu überprüfen bzw. festzustellen. Dieser wird von der Versicherung bestimmt und bezahlt.

Befristetes Anerkenntnis verschiebt Erstprüfung

Die Versicherung kann die Erstprüfung aber auch aufschieben. Dies tut sie, indem sie nur ein befristetes Anerkenntnis der BU-Leistung abgibt.  Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich nach dem Versicherungsvertragsgesetz. Läuft die Laufzeit des (befristeten) Anerkenntnisses ab, muss der Versicherte erneut einen Antrag auf Versicherungsleistungen und es wird erneut geprüft, ob Berufsunfähigkeit vorliegt.

Die Versicherung darf dann aufgrund des dann herrschenden gesundheitlichen Zustandes erneut prüfen, ob eine Berufsunfähigkeit noch vorliegt und sie leisten muss oder nicht. Zwar ist die Abgabe der befristeten Anerkenntnisses nicht besonders Versicherten-freundlich, jedoch kann die grundsätzliche Möglichkeit in den Versicherungsbedingungen geregelt sein. Hierauf sollten Versicherte bereits vor dem Abschluss der BU-Versicherung achten.

Probleme mit der Anerkennung der Berufsunfähigkeit

Sollte die Versicherung zu dem Schluss kommen, die vereinbarte Versicherungsleistung nicht auszahlen zu wollen, kann man hiergegen mit der Hilfe eines Fachanwalts für Versicherungsrecht vorgehen und klagen.

3. Was bedeutet Leistungsüberprüfung (meistens Nachprüfungsverfahren genannt)?

Der medizinische Grund einer Berufsunfähigkeit muss nicht dauerhaft oder unumkehrbar sein. Durch medizinische Behandlungen, Heilung oder die Besserung der Symptome einer Krankheit kann die Berufsunfähigkeit auch wieder entfallen. Man ist dann wieder in der Lage, in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu arbeiten oder die gesundheitlichen Einschränkungen erlauben eine Tätigkeit mit mehr als 50%.

Da sich die Berufsunfähigkeit also zurückbilden kann, will die Versicherung regelmäßig prüfen, ob sie durch diese Besserung der gesundheitlichen Einschränkungen die BU-Rente weiterhin leisten muss oder von der Rentenzahlung frei wird. Dazu ist die Nachprüfung bzw. Leistungsprüfung möglich.

Bei der Leistungsüberprüfung bzw. dem Nachprüfungsverfahren trägt die Versicherung die Beweislast dafür, dass die Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliegt.

4. Wie oft darf die BU-Versicherung nachprüfen?

In den Versicherungsbedingungen ist geregelt, wie oft die Versicherung die Leistungspflicht der BU-Rente nachprüfen darf. Meist darf die Versicherung einmal pro Jahr das Vorliegen der Berufsunfähigkeit prüfen. Auf die Möglichkeit und die Abstände der Nachprüfung wird der Versicherer meist in einer schriftlichen Mitteilung hinweisen.

Der Versicherer darf dabei auf seine Kosten umfangreiche Untersuchungen von dem Versicherten verlangen. Doch eine solche ausführliche jährliche Durchführung der Nachprüfung ist kostenaufwendig, so dass die Versicherung dies eher selten tun wird. Es kommt aber immer auf den Einzelfall an, ob und wie oft die Versicherung den Versicherungsfall nachprüft. Meist wird die Versicherung allerdings nur ein auszufüllendes Formular über den Gesundheitszustand zusenden und vom Versicherten ausfüllen lassen.

Ebenso wird der Versicherer darauf hinweisen, dass auch die Versicherten bei der positiven Änderung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen und einer Verbesserung der Berufsunfähigkeit bzw. Minderung der Berufsunfähigkeit verpflichtet sind, dies dem Versicherer eigenverantwortlich zu melden.

5. Was prüft Versicherung bei einer Leistungsüberprüfung?

Bei der Leistungsüberprüfung oder Nachprüfung lässt die Versicherung den aktuellen gesundheitlichen Zustand von Versicherungsnehmern hinsichtlich des weiteren Vorliegens einer Berufsunfähigkeit untersuchen. Der Vergleich zwischen dem gesundheitlichen Zustand bei Beginn der Berufsunfähigkeit wird mit dem aktuellen gesundheitlichen Zustand verglichen und überprüft, ob eine vereinbarungsgemäße Berufsunfähigkeit noch vorliegt.

Der Vergleich dieser zwei Gesundheitszustände hat berufsbezogen zu geschehen. Dabei reicht es nicht aus, dass sich lediglich der Gesundheitszustand allgemein gebessert hat.

Nachprüfung bietet keine Korrektur vorheriger falscher Entscheidung

Bei der Nachprüfung darf der Versicherer jedoch nicht eine von Anfang an fehlerhafte Entscheidung hinsichtlich der Berufsunfähigkeit revidieren, wenn der Gesundheitszustand des Versicherten seit der Entscheidung unverändert ist. Der Gesundheitszustand bei der Erstprüfung gilt, selbst wenn dieser keine Berufsunfähigkeit rechtfertigen würde, auch im Nachprüfungsverfahren als Ausgangspunkt für die Vergleichsbetrachtung.

Unterschiedliche Gutachter-Bewertung rechtfertigt keine Einstellung der Rentenleistung

Kommt ein Gutachter im Nachprüfungsverfahren zu einem geringen Grad der Berufsunfähigkeit als bei der Erstprüfung, muss dies nicht zwangsläufig eine Einstellung der BU-Leistung bedeuten. Nur weil zwei Gutachter nicht zur gleichen Bewertung des Gesundheitszustandes kommen und den gleichen Grad der Berufsunfähigkeit feststellen, ist eine berufsbezogene Verbesserung des Gesundheitszustandes anzunehmen.

Letztlich sind der Eindruck und die Feststellungen eines Gutachters subjektive Bewertungen. Unterschiedliche Bewertungen können daher nicht unbedingt auf eine Verbesserung des Gesundheitszustandes und Minderung der Berufsunfähigkeit hindeuten, sondern die verschiedenen Meinungen zweier Gutachter können auf Basis ein und desselben Gesundheitszustandes beruhen.

Formale Voraussetzungen einer Entscheidung

Behauptet der Versicherer in einer möglichen Entscheidung, dass er die BU-Leistungen einstellen wird, muss der Versicherer diese Entscheidung transparent und nachvollziehbar begründen. Es muss für den Versicherten möglich sein, die aus den Vergleichsbetrachtungen gezogene Entscheidung der Versicherung nachvollziehen zu können.

Dabei darf die Entscheidung aber auch nicht zu detailliert und ausufernd ausfallen, da der Versicherte dann ebenfalls nicht die Möglichkeit hat, die Entscheidung der Versicherung nachzuvollziehen.

6. FAQ: Das Wichtigste auf einen Blick

1. Was ist das Nachprüfungsverfahren bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung?

Das Nachprüfungsverfahren ist eine Möglichkeit für die Versicherung, eine einmal bewilligte Leistung der Berufsunfähigkeitsversicherung zu überprüfen und gegebenenfalls einzustellen, wenn sie davon ausgeht, dass sich die Berufsunfähigkeit gebessert haben könnte.

2. Wie wird die Berufsunfähigkeit bei der ersten Prüfung durch die Versicherung beurteilt?

Bei der ersten Prüfung wird untersucht, ob der Versicherte noch zu mindestens 50% in seinem zuletzt ausgeübten Beruf arbeiten kann. Auch werden die vorvertraglichen Anzeigepflichten und die Möglichkeit einer Verweisung auf eine andere Tätigkeit geprüft.

3. Welche Rolle spielt das Nachprüfungsverfahren bei der Leistungsüberprüfung?

Das Nachprüfungsverfahren ermöglicht der Versicherung, regelmäßig den aktuellen Gesundheitszustand des Versicherten zu überprüfen, um festzustellen, ob die Berufsunfähigkeit noch besteht. Dabei muss die Versicherung beweisen, dass die Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliegt.

4. Wie oft darf die Versicherung die Berufsunfähigkeit nachprüfen?

In den Versicherungsbedingungen ist geregelt, wie oft die Versicherung die Leistungspflicht der BU-Rente nachprüfen darf. Meist darf die Versicherung einmal pro Jahr das Vorliegen der Berufsunfähigkeit prüfen.

5. Was passiert, wenn die Versicherung beschließt, die BU-Leistungen einzustellen?

Falls die Versicherung entscheidet, die Berufsunfähigkeitsleistungen einzustellen, muss diese Entscheidung transparent und nachvollziehbar begründet werden. Der Versicherte kann sich in solchen Fällen mit Hilfe eines Fachanwalts für Versicherungsrecht zur Wehr setzen.

Bildquellennachweis: © PantherMedia / Valery Vvoennyy

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Für mich als Fachanwalt für Versicherungsrecht stehen alle rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Versicherungen im Vordergrund.

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